Stefan Harböck (32) und Dennis Herrmann (28) fahren die Rallye München – Barcelona

Wenn gerade keine Pandemie herrscht, ist Barcelona ein herausragendes Reiseziel: Sonne satt, imposante Bauten und das Meer direkt vor der Haustür. Auch Stefan Harböck und Dennis Herrmann wollen da hin. Ohne Flieger. Mit dem Auto. Als Teil der Rallye München-Barcelona, die heute startet.

Im Fachjargon versteht man unter einer Rallye einen Wettbewerb im Motorsport, der teilweise über mehrere Tage verteilt auf normalen Straßen oder auf Feld- und Waldwegen ausgetragen wird. Hierbei bestreiten die Rallye-Teilnehmer Wertungsprüfungen auf abgesperrten Strecken, wobei sie einzeln, meistens im Minutenabstand, starten. Die Wertung beruht auf der Summe der Fahrzeiten bei den Wertungsprüfungen. Eine solche Rallye im herkömmlichen Sinne haben Harböck und Herrmann, die seit 2019 in der RSG Burghausen als Autoslalomfahrer aktiv sind, noch nicht gefahren. Weil aber abzusehen war, dass die Autoslalom-Saison 2021 genauso mit vielen Ausfällen startet, wie die Saison 2020 aufgehört hatte, haben sich die beiden entschieden, „etwas ganz Außergewöhnliches“ zu machen.
Auf der Suche nach einer passenden Veranstaltung stießen die beiden im Internet auf die Rallye München – Barcelona und fassten den Entschluss: „Das machen wir!“ Bei dem Bewerb handelt es sich um eine „Jedermann Rallye“. Das bedeutet: Jeder kann mitfahren. Sie ist weder ein Rennen, noch ein geführtes Sightseeing. Vielmehr ist es ist ein Roadtrip durch halb Europa. Man benötigt dazu weder eine Rennsportlizenz, noch ein hochmotorisiertes Fahrzeug mit Überrollkäfig oder anderen rallyetypischen Anbauten.
Ein paar Auflagen gibt es dann aber doch: Ein Team muss aus mindestens zwei Personen über 18 Jahren mit gültigem Führerschein bestehen. Das Fahrzeug muss zugelassen, mit TÜV versehen, älter als 20 Jahre und in technisch einwandfreiem Zustand sein. Auf den BMW E34 518i Touring von Stefan Harböck trifft das zu.
Um den in die Jahre gekommenen Wagen mit seinen gut 200000 Kilometern auf der Uhr, der liebevoll „dicke Bertha“ genannt wird, für das acht Tage und rund 4000 Kilometer lange Abenteuer vorzubereiten, wurde einiges an Arbeit in das Gefährt gesteckt: Sie haben den Motor in Eigenleistung generalüberholt und das Sportfahrwerk gegen ein Serienfahrwerk getauscht. Außerdem bekam der Wagen Adapterplatten, um ihn noch höher zu legen. Der Unterboden wurde mit einem fünf Millimeter dicken Blech verstärkt. Die Lehne der Rücksitzbank wurde ausgebaut, um Gewicht zu sparen und um den Platz besser nutzen zu können.
Die originale Stoßstange mit Verspoilerung und den Nebelscheinwerfern wurde als Ganzes demontiert und für den Rückbau nach dem Roadtrip eingelagert. Ein Ersatz dafür wurde für wenig Geld besorgt. „Deswegen auch die andere Farbe der Stoßstange, quasi eine zum Kaputtfahren“, sagt Harböck. „Da tut es dann auch nicht weh, wenn man Löcher für Zusatzscheinwerfer bohrt.“

Weiter wurden alle Lufteinlässe sowie der Kühler mit Gitter zum Schutz vor Steinschlägen versehen. Es sei an alles gedacht worden, um heil ans Ziel und danach aus eigener Kraft wieder zurück nach Burghausen zu kommen. Während sich Stefan Harböck um die Technik kümmerte, brachte Dennis Herrmann, von Beruf Programmierer, die Bordelektrik samt Steuergeräte des BMW auf Vordermann.
Gefahren wird auf robusten Stahlfelgen und Winterreifen. Um ausreichend Platz für alles weitere im Inneren zu sparen, wurde noch extra ein Dachkorb montiert, in dem zwei Ersatzreifen Platz gefunden haben. Als letzte Feinschliff wurde der Wagen mit einer Folierung optisch aufgewertet, die den alten BMW-Servicemobilen nachempfunden ist, und feierlich auf den Namen „dicke Bertha“ getauft.
Heute starten die beiden nach einem halben Jahr aufwendiger Vorbereitung. Von München aus führt der Weg über Alpenpässe, Buckelpisten, malerische Küstenstraßen, durch das Hinterland mit kleinen Dörfern und den entlegensten Winkel Südeuropas. Eine der größten Herausforderungen im Hinterland wird, dass man ohne Handynetz ganz auf sich alleine und die guten alten Landkarten angewiesen ist. Am Ende eines jeden Tages gibt es einen verbindlichen Treffpunkt – das Tagesbriefing. Dort wird man mit Infos und Routenempfehlungen für den jeweils nächsten Tag versorgt. Ein „riesiges Abenteuer“ – und heute geht es endlich los.